Veröffentlicht in Dietmar Hesse, Kurzgeschichten

Der Wickinger

Das Augenlid zuckte ein wenig. Es fällt mir schwer, die Augen zu öffnen.
»Habe ich eben von Jane geträumt?«
Bei dem Gedanken an sie bereitet sich ein Lächeln der Zufriedenheit den Weg auf mein Gesicht. Den Schulstress hatte ich überstanden. Abi in der Tasche.
In der Glotze läuft eine TV-Serie. Kommissare ermitteln im Rotlichtviertel.
Langsam schlummere ich wieder ein. Die Nebel des Traums erobern die Gedankenwelt.
Der Sturm tobte. Mühsam versuche ich, das Boot auf Kurs zur Landzunge zu halten.
»Legt euch in die Riemen. Gleich sind wir da!« Uns Wikingern kann dieses Wetter nichts anhaben. Mit dem Hammer klopfte ich auf der Trommel den Takt für die tapferen Gefährten. »Gebt noch einmal alles, es ist bald geschafft!«
Es zieht dichter Nebel auf. Ein Blitz schlägt neben uns ins Meer. Der Donner direkt danach lässt meine Ohren schmerzen. »Oh, Thor, habe ein Einsehen. Bring uns heile zum Strand.«
Das Grau verschwindet. Nur einige Meter vor uns zeigt sich die Küste. Die Ruderblätter fallen, das Jauchzen und Schluchzen der Mitstreiter ist nicht zu überhören.
»Land, endlich Land!« Sie stürmen den Hang hinauf.
Ich folge ihnen. Der Anblick ist faszinierend. Vor uns liegt eine Stadt. Die Stille deckt alles zu. Menschenleer, kein Tier, ist zu sehen. Eine Geisterstadt.
Vorsichtig betreten wir die Hauptstraße. Vor einer Tür mit der Aufschrift »Saloon« bleiben wir stehen. Da ist Lärm zu hören. Es scheint wer da zu sein.
Ein Blick zu meinen Gefährten. Sie nicken mir zu, fassen ihre Waffen fester.
Wir treten durch die Schwingtür. Erstaunt betrachten wir das Szenario. Seltsam gekleidete Figuren mit durchsichtigen Bechern in den Händen. Darin eine braune Flüssigkeit. Sie trinken aus und geben der Frau hinter der Kiste die Trinkgefäße.
In einer Nische im Hintergrund sind einige Mädchen mit eigenartigen Kleidern zu sehen.
»He, Bardame, noch eine Runde für alle. So schnell kommen wir hier im Wilden Westen nicht mehr zusammen.« Einer der Männer brüllt das der bezaubernden Person zu.
Mein Blick wandert zu der Dame. Die kenne ich doch? Das Herz beginnt, in der Brust zu wummern.

Pfui, warum ist es so kalt und nass?
Ich schaue in ein Paar blaue Augen. Jane steht vor dem Sofa. Sie lächelt mich an. Sie hält einen tropfenden Waschlappen in die Höhe. »Du hast wohl schlecht geträumt.
»Ja, ein irrer Traum. Ich ein Wikinger mit Gefährten gestrandet im Wilden Westen. Im Saloon Cowboys mit Colts an den Hüften. Die Bardame hinter dem Tresen hatte dein Gesicht. Ich wollte zu ihr, da wurde es nass.«
»Gerade noch rechtzeitig.« Sie streicht mir sanft über die Wange. »Fremdgehen mit einer Traumfrau geht gar nicht.«
Ich setze zu einer Antwort an.
Sie stippt mir mit dem Zeigefinger auf die Nase. »Für dich ist jetzt Sendeschluss, mein Prinz auf der Erbse.« Sie zielt mit dem Finger auf mich, hebt ihn vor den Mund und pustet darüber. »I shot the sherif. Ach nein, den Wikinger. Komm mit ins Schlafzimmer. Wir haben noch was vor.« Sie zwinkert mir zu und verschwindet schleichend aus dem Raum.

Veröffentlicht in Tagebuch

Nikolaustag

 

Moin, mir hat er den Schluss meiner Geschichte in den Kopf gelegt.
Die werde ich gleich verputzen.
Euch einen schonen Nikolaustag und tollen Freitag, das Wochenende winkt schon. Winkt zurück und lächelt.
😀👍

Veröffentlicht in Kurzgeschichten

Lebensweg

Lebensweg
Dietmar Hesse

Ich sitze am See, schaue dem Schwanenpärchen zu, wie fürsorglich sie sich um den Nachwuchs kümmern, und überdenke in Gedanken meinen Weg. Den bereits Abgeschrittenen, den vor mir Liegenden und den, auf dem ich gerade wandele. In mich versunken lasse ich ein Blatt am Stiel zwischen den Fingern kreisen.
Es liegt eine wilde Zeit hinter mir, vollgestopft mit Spaß, Feten, rumhängen in Bars und heißen Touren auf dem Sozius von Daniels Harley. Rockerbraut wurde mir von früheren Freunden nachgerufen, wenn wir durch die Straßen kurvten. Beim mitternächtlichen Chillen am Tresen der Tankstelle ereilte mich die Hiobsbotschaft. Er hatte auf dem Weg zu uns einen schweren Unfall. Ein Typ in einem SUV sah ihn zu spät und konnte nicht mehr bremsen. Auf der Maschine hatte Daniel keine Chance. Peng, Crash, Dunkelheit!
Mir wurde schwarz vor Augen, ob dieser schrecklichen Nachricht. Ich holte gemeinsame Momente aus der Erinnerung wieder hervor. Die Fahrten über die Hügel durch den Sonnenschein, Abende bei Bier und Wein mit Freunden, sein von Herzen kommendes Lächeln. Immer, wenn ich ihm von meinen Ängsten erzählte, fing er nur schallend an zu lachen.

“Lebensweg” weiterlesen

Veröffentlicht in Kurzgeschichten

Morgenspaziergang

Morgenspaziergang
Dietmar Hesse

»Schatz, ich gehe mit dem Hund raus. Wenn ich zurückkomme, frühstücken wir!«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, schloss ich die Tür. Sam, unser treuer Jack Russel, umkreiste meine Beine zwei mal. Er legte den Kopf schief, dann schaute er mich fragend an.
»Ja, jetzt ist der Morgenspatziergang dran!«
Die Melodie von Lady in Black summend, schlenderte ich gut gelaunt Richtung Fluss. Sam inspizierte den Container vom Nachbarn, schnupperte und setzte eine Duftmarke.
»Komm bei Fuß, es ist Brutzeit, da ist Leinenpflicht!« Gehorsam trotte er heran und ließ sich anleinen. Wir erreichten den Feldweg am Ortsende, wo er aufmerksam jedes Grasbüschel untersuchte. Nur als ein Frosch vor seiner Nase quakend in den Bach hüfte, blieb er überrascht stehen.
»Ist gut, der tut dir nichts! Weiter gehts!« Ich genoss diese Spaziergänge in der Natur. Die Luft, der Blick über die Wiesen bis zur alten Windmühle einen Kilometer entfernt, das Gezwitscher der Vögel, wunderschön. Ich sah mich schon mit Block und Federmäppchen bewaffnet zurückkommen, um das in einer Zeichnung festzuhalten.

“Morgenspaziergang” weiterlesen

Veröffentlicht in DinahHerbst, Kurzgeschichten

Winter an der Küste

Eine weihnachtliche Geschichte mit Eva und Jan aus den Toskana-Geschichten und dem Haus der Zypressen.

Vor dem Fenster tanzten die Flocken lustig in der leichten Brise und bedeckten die Landschaft mit Schnee. Gemeinsam hatten sie beschlossen, die Heimat an der Nordsee zum Fest zu besuchen. Sie, um die Familie zu sehen. Er wollte Freunde aus dem Büro treffen. Das alles erschien ihm wie ein Schritt durch das Tor der Vergangenheit. Er fühlte sich in der Wärme der Toskana in der letzten Zeit zuhause. In Gedanken hatte er den Norden Deutschlands schon lange hinter sich gelassen.
   Der Anblick der Dünen unter der Decke aus weißer Pracht ließ ihn jedoch lächeln. Neben ihm drehte sich Eva seufzend auf die andere Seite und schlief entspannt weiter.
   Er betrachtete ihr Gesicht eine Weile, dabei fragte er sich: Womit habe ich mir diese Traumfrau verdient? Hier fühlte sich alles anders an. Es war die Stille. Leises Rauschen der See, das zwischen den Dünen einen Weg zu seinem Ohr fand, versprach ruhige Tage.
   Der betörende Duft frisch aufgebrühtem Kaffees schwebte ihm von unten herauf in die Nase. Frau Harmsen breitete das Frühstück zu. Lächelnd wendete er sich Eva zu und stupste sie liebevoll an. »Der Kaffee ist fertig«, sang er ihr sanft das Lied ins Ohr.
   Sie räkelte sich, grummelte etwas Unverständliches und sah ihn dann fragend an. »Wwwas ist fertig?« Verschlafen setzte sie sich auf.
   »Die Vermieterin bereitet das Frühstück. Wir sollten uns anziehen. Ein wenig frisch machen.«
   »Wie spät ist es denn?«
   »Kurz vor acht.« »Ich schlafe hier so lange, das liegt bestimmt an der Stille. Kein Vogel weckt mich.«
   »Die Möwen stehen an der Küste nicht so früh auf.« Grinsend ging er ins Bad.
    Eva warf ihm ein Kopfkissen hinterher. »Du …«

“Winter an der Küste” weiterlesen

Veröffentlicht in Kurzgeschichten, Meine Bücher

Ring im Schnee

2015 erschienen in der Anthologie Schneegestöber.
Mila Summers hatte die Idee und mit ihr taten sich 14 Autorinnen zusammen, um für einen guten Zweck zu schreiben.  Ich war als Hahn im Korb dabei. 😛 Der komplette Erlös ging an die Stiftung Bärenherz.

Ring im Schnee

1.
Sein Handy klingelte. Sonja? Zur Mittagszeit an einem Donnerstag? War etwas passiert?
»Thomas hier, das ist aber schön, dass du anrufst. Was gibt es, das nicht bis zum Abend Zeit hat?«
»Hallo, mein Prinz. Ich habe Lust, nachher mit dir einen Schaufensterbummel in der Innenstadt zu machen. Du weißt doch, ich mag den Weihnachtsschmuck in den Straßen. Irgendwo einen Kakao und zum Abschluss fein essen gehen?«
»Gerne, um fünf am Kröpcke, oder ist das zu früh?« Er lächelte bei dem Gedanken, Arm in Arm mit ihr durch die Gassen zu schlendern.
»Das passt gut, dann bis später, ich liebe dich.«
»Ich dich auch, ich freue mich.«

Pünktlich erschien er auf dem Platz und sah sie schon warten. Sie schüttelte beim Blick auf die Uhr mit dem Kopf.
Von hinten schlich er sich an und bedeckte ihre Augen mit seinen Händen. Dabei fühlte er sich wie die Hauptfigur in einem Liebesfilm.
»Thomas?«
»Erwartest du jemand anderen?« Er musste lachen und gab ihr Gesicht frei.
»He du, fast zur verabredeten Zeit.« Sie drehte sich um, schlang die Arme um ihn und gab ihm einen langen Kuss.
»Zur Vorweihnachtszeit ist es hier besonders schön. Dieses Glitzern, die Sterne, die grünen Girlanden?« Sie strahlte ihn mit einem liebevollen Blick an.
»Ja, wunderbar.« Er nahm sie in den Arm, und sie flanierten durch die Straßen. Immer wieder blieb sie vor einem Schaufenster stehen und betrachtete die Auslagen.
»Den Mantel könnte ich mir gut an dir vorstellen, mir gefällt er. Dir auch?«
Thomas verkniff sich ein Grinsen.
»Die Kutte ist nun wirklich nichts für mich. Nee, lass uns weitergehen, meiner ist doch noch gut.«
Am nächsten Geschäft sah sie interessiert Schuhe an. Nur die in einer bestimmten Ecke, keine für diese Jahreszeit geeigneten, eher für einen Opernball.
»Gefallen sie dir?« Er zeigte auf ein Paar rote Pumps mit Absätzen, mindestens acht Zentimeter hoch.
Sie lächelte ihn an.
»Gefallen täten sie mir schon, aber zu welchem Anlass sollte ich solche Schuhe tragen? So nobel sind wir noch nicht ausgegangen!«
War das jetzt eine Spitze? Werde ich ihr zu langweilig? … ging es ihm durch den Kopf.
»Zu welchem Anlass möchtest du sie denn tragen?«
Sie schaute verschmitzt.
»Wenn sie in meinem Schuhschrank stehen würden, da hätte ich bestimmt eine Idee.«

“Ring im Schnee” weiterlesen

Veröffentlicht in DinahHerbst, Kurzgeschichten

Toskana

2016 erschienen in der Anthologie Sommer und noch mehr des Autorennetzwerk.

Toskana

Ich saß im Zug nach München, um mich mit Autoren zu treffen. Es sollte in die Toskana in einen Arbeitsurlaub gehen. Die frühe Abreise aus Hamburg ließ mich gähnen. Ich schloss die Augen und war schnell eingenickt.
Im Abteil ertönte die Durchsage: »Nächste Station: München Hauptbahnhof! Die Reisenden werden gebeten, den Zug zu verlassen!«
Am Bahnsteig wurde ich von meinen Mitstreitern erwartet.
»Hallo Malte! Schön, dich live zu sehen.«
»Wie war die Zugfahrt?«
»Freust du dich auch so auf die Sonne, wie wir?«
Alle redeten durcheinander und ich wurde stürmisch umarmt. Sie hatten sich hier verabredet, um mich abzuholen: Sylvia, Maren, Monika und Dennis standen lächelnd vor mir.
»Kommt, gehen wir zum Auto, wir haben noch einen weiten Weg nach Italien«, sagte ich. »Der Süden wartet!« Ich schnappte mir Koffer und Tasche.
Dennis ging zum VW-Bus vor, und ich verstaute das Gepäck. Die lange Fahrt war genau das Richtige, um sich besser kennenzulernen. Bisher hatten wir ja nur Kontakt über das Internet.

“Toskana” weiterlesen

Veröffentlicht in Kurzgeschichten

Tanz im Bauch

Tanz im Bauch
Dietmar Hesse

Am Abend kam ich in der großen Stadt an und betrat gegen neun die Hotel-Lobby. Die Dame an der Rezeption war scheinbar zu Scherzen aufgelegt.
»Benötigen Sie einen Internet-Zugang?«
»Gerne, ist der kostenpflichtig?«
»Ja, der kostet …« Sie sah mich prüfend an, schaute auf den Monitor, dabei raunte sie … »Nichts.«
Ich musste lächeln. Eine attraktive Person, genau in meinem Alter.
»Dann nehme ich den.«
Sie legte mir strahlend den Zimmerschlüssel und einen Zettel mit den Zugangsdaten auf den Tresen.
»Der Aufzug ist dort hinten links. Sie müssen in den vierten Stock.«
»Danke,« antwortete ich immer noch etwas verwirrt und betrat wenig später mein Zimmer.
Messen teile ich mir in zwei Blöcke. In den aktiven, spannenden Part der Begegnungen, Gespräche tagsüber. Dann die langweiligen Fernsehabende im Hotel.
Ich schlenderte, nachdem ich die Sachen eingeräumt hatte, nach unten, um eine Zigarette zu rauchen.
Auf dem Weg zurück hörte ich von der Rezeption tatsächlich ein »Schlafen Sie gut!«

“Tanz im Bauch” weiterlesen

Veröffentlicht in Meine Bücher, Meine neuen Bücher

Ich bin wieder da!

Nachdem ich für lange Zeit als Dinah Herbst geschrieben habe, ist es jetzt soweit.

Dietmar Hesse kommt als Autor wieder!

Thriller versuche ich euch zu geben. Mal schauen, wie ihr das seht.

An vielen Covern haben wir uns versucht. Beim ersten Mal für mich nicht einfach, eine Entscheidung zu treffen. Keiner dieser Entwürfe hat es geschafft.

Ihr lacht bestimmt. Noch nichts geschrieben, aber schon am Cover basteln …

Ganz so ist es nicht. In den letzten Wochen habe ich 35 000, in Worten fünf und dreißig tausend, in das Programm geschrieben. Noch ein paar Tage, dann überarbeite ich den Text und er geht ins Lektorat.

Ein kleiner Auszug gefällig?

»Streicher, komm zu mir.« Er hatte die Promenadenmischung nach einer Figur aus dem Herrn der Ringe benannt, die wie der Racker nicht auf andere hörte.
   Der lief zehn Meter vor und fing unter der Brücke an, laut zu kläffen.
Grinsend stiefelte der alte Mann hinter dem Hund her. Kaninchen oder Mauseloch, was bellte der Bursche da an. Als er seinen Kameraden erreicht hatte, verschlug es ihm das Grinsen.
   Da lag eine junge Frau am Boden, im ersten Moment sah es so aus, als ob sie schliefe. Als er noch zwei Schritte näher kam, sah er das Grauen in ihrem Gesicht. Erschrocken über das, was sich seinen Augen darbot, rief er den Hund zu sich.
   »Schleicher, bei Fuß.« Dem energischen Befehl folgte der Racker sofort. Mit eingezogenem Kopf schlich er zu ihm und ließ sich anleinen.
   Er hatte schon beim Anblick des Mädels sein Smartphone aus der Tasche gezogen und die 110 gewählt.

Nun ja, das sind nur einige Wörter, wenn sie euch neugierig machen, im Januar soll es losgehen.

Ich melde mich hier wieder des öfteren.

Bis Bald,
euer Dietmar Hesse